Wer in den kommenden Monaten bei einem Spaziergang durch Völlinghausen auf der Straße Alte Feld in Höhe der Vogelstange einen feinen Duft von Karamell und Zimt wahrnimmt, braucht nicht an seinen Geruchsnerven zu zweifeln. Denn der Grund für das unerwartete Aroma sind möglicherweise die Herbstblätter des Lebkuchenbaums, die diesen Wohlgeruch verströmen. Verreibt man die Blätter in den Händen, wird dieser übrigens intensiver.
Zu finden ist dieser Baum im Dendrarium, das am Samstagvormittag mit musikalischer Begleitung von Abordnungen des Spielmannszuges Völlinghausen und der Blaskapelle Völlinghausen feierlich eingeweiht worden ist. Dabei erfuhren die interessierten Gäste allerlei Wissenswertes über die dort gepflanzten Baum-Raritäten und den davor platzierten Mühlstein.
Konzipiert hat das Dendrarium Michael Müller-Inkmann, der als Arborist ein ausgewiesener Experte für Bäume und deren Pflege ist. Der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Wildpark Völlinghausen hat bei der Auswahl der Bäume nicht nur auf ausgefallene Hölzer geachtet, sondern auch auf ihre Anpassungsfähigkeit an das sich immer weiter verändernde Klima.
„Glaubt man den Vorhersagemodellen der Meteorologen wird es bei uns im Sommer immer häufiger recht warm und trocken sein und die Winter werden dagegen milder und regenreicher“, erklärte Michael Müller-Inkmann. „Somit haben unsere Bäume das Problem, nicht zu vertrocknen, denn sie bekommen das dringend benötigte Wasser dann, wenn sie es nicht brauchen – im Winter.“ Daher galt es, bei der Planung die zu erwartenden Änderungen im Niederschlag zu berücksichtigen, denn das Dendrarium sei für die nächsten Jahrzehnte angelegt und eine künstliche Sommer-Bewässerung keine praktikable Lösung.
Hinzu kam, dass der Boden am gewählten Standort nicht nur sehr sauer ist und ihm daher wichtige Nährstoffe fehlen, sondern auch ein Stauwasserboden ist, der nach starken Regenfällen nass ist. „Nach der Recherche in verschiedenen Fachdatenbanken haben wir rund 80 Arten gefunden, die als Spezialisten für beide Extreme gelten“, so der Arborist. Von diesen blieben etwa 50 übrig, die zusätzlich über die in dieser Gegend notwendige Frosthärte verfügen. Am Ende war Platz für 30 Arten, die darüber hinaus auch von den Baumschulen geliefert werden konnten.
Nachdem feststand, welche Bäume im Dendrarium stehen würden, erstellte Michael Müller-Inkmann den Pflanzplan. „Dieser entspricht nicht strengen geometrischen Formen mit festen Abständen, sondern berücksichtigt baum- und bodenkundliche Parameter. So wurden beispielsweise dauerhaft Staunässe ertragende Arten eher in Senken gepflanzt. Dazu zählt unter anderem die Sumpfzypresse, die an ihrem Standort im Dendrarium, wenn es geregnet hat, rund 20 Zentimeter im Wasser steht und das als einzige Art auch dauerhaft überlebt.
Auch zwei verschiedenartige Mammutbäume stehen jeweils an zwei Ecken des Dendrariums, das mit LEADER-Geldern gefördert worden ist. Diese können innerhalb der nächsten Jahrzehnte durchaus rund 30 Meter in die Höhe wachsen. Ein weiteres Highlight ist der Eisenholzbaum, dessen Herbstlaub mit einer leuchtend orangefarbenen bis bordeauxroten Färbung beeindruckt, die schließlich in eine hellgelbe Färbung übergeht. „Der deutsche Name ist angelehnt an das sehr harte und schwere Holz des Baums, das mit seiner hohen Dichte sogar im Wasser untergeht“, verrät der Arborist, der auch die Xylothek im Wildpark-Haus konzipiert hat. Diese Holzbibliothek umfasst 50 Holzbücher, die gerne angefasst werden dürfen. Beispielsweise findet sich der Gingko als Holzbuch in der Xylothek und als lebender Baum im Dendrarium. Die dort gepflanzte Gingko-Art existiert seit rund 60 Millionen Jahren auf der Erde und gilt daher als lebendes Fossil.
Auch zur Waldbienenstation, die ebenfalls Teil des Naturerlebnisraums Völlinghausen ist, besteht eine Verbindung. Denn manche der gepflanzten Bäume stellen eine sehr gute Bienenweide dar, die besonders reichhaltig an Nektar und Pollen ist und daher von Bienen für das Herstellen von Honig bevorzugt angeflogen wird. Dazu gehört unter anderem der Schnurbaum, dessen Blüte im August beginnt und häufig noch weit in den Oktober hineinreicht, wenn andere Arten längst verblüht sind.
Am Rande des Dendrariums steht eine Halterung für eine Info-Tafel, auf der man – sobald diese fertiggestellt ist – nachschauen kann, wo welcher Baum steht. Zu finden ist dort bereits ein 485 Kilogramm schwerer Mühlstein aus Granit. „Der Mühlstein erinnert uns an die Versuche des bekannten Naturforschers Charles Darwin, der für seine Evolutionstheorie weltberühmt wurde, aber auch ein Bodenkundler der ersten Stunde war“, erklärt Michael Müller-Inkmann. „Er dokumentierte das Einsinken von Mühlsteinen und leitete daraus die Bedeutung von Bodenorganismen für die Bodenentwicklung ab. Schließlich sinken solch große Steine insbesondere durch die Grabtätigkeit von Regenwürmern in die Erde ein. Somit nennen wir unseren Mühlstein auch Darwin-Stein.“