Wo sich vor einigen Jahren noch Buchdrucker, Kupferstecher und andere Borkenkäferarten tummelten und in kürzester Zeit für das Absterben mehrerer Dutzend Fichten sorgten, sollen sich in den nächsten Jahren Bienen bedienen können und Waldkäuze ein Zuhause finden. Gemeint ist die Fläche am Bachlauf der Fißmecke, die von der Waldbienenstation nur durch eine Forststraße getrennt ist. Denn auf dieser Fläche, die im Privatbesitz ist, entsteht derzeit nach Wildpark, Streuobstwiese mit Insektenhotel, Dendrarium und Waldbienenstation eine weitere Station im Naturerlebnisraum Völlinghausen.
„Wir möchten hier 20 bis 30 Weiden pflanzen, aus denen wir Kopfweiden machen möchten“, sagt Hubert Klyscz, Initiator des Projektes. Denn eine Kopfweide ist keine Baumart, sondern eine Baumform. Sie entsteht dadurch, dass die austreibenden Äste und Zweige regelmäßig entfernt werden, was zu einer Verdickung der Schnittstellen führt. So werden die Köpfe der Weiden immer stärker. „Eine der Besonderheiten von Kopfweiden ist, dass einzelne Bereiche durch eindringende Pilze und Bakterien sukzessive absterben und der Baum dadurch mit der Zeit hohl wird“, erklärt der Wildpark-Fördervereinsvorsitzende.
Kopfweiden bieten unzähligen Tieren einen Lebensraum. Darunter sind auch zahlreiche seltene und zum Teil gefährdete Arten. Zu ihren Bewohnern zählen kleine Lebewesen wie Ameisen, Käfer und Schmetterlinge, aber auch kleinen Nagern, Fledermäusen und Eulen sowie Vögeln, die in Höhlen brüten, bieten sie ein Zuhause. Eine Kopfweide ist ein Biotop für sich. Je älter eine Kopfweide ist, desto wertvoller ist sie für die Natur.
Auch bei Pflanzen sind Kopfweiden beliebt und werden daher unter anderem von Flechten, Moosen, Baumpilzen und Farnen genutzt. Die Weidenkätzchen der Kopfweiden sind außerdem eine wichtige Nahrungsquelle für die Bienen der benachbarten Waldbienenstation. Doch diese bekommen Konkurrenz, denn auch auf der neu zu bepflanzenden Fläche sollen noch eine oder zwei Klotzbeuten aufgestellt werden. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun, obwohl auch schon viel geleistet worden ist.
Möglich gemacht hat das Projekt Hermann Sommer, dem die Fläche gehört. „Ich habe mich sehr gefreut, dass Hubert Klyscz auf mich zugekommen ist und mir die Idee vorgestellt hat“, erzählt der Völlinghauser. „Die Aufforstung mit den Kopfweiden finde ich ein tolles Projekt, für das ich die Fläche dem Wildpark-Förderverein gerne zur Verfügung stelle.“
Um zunächst die hochaufragenden Fichten zu fällen, wendete sich der Förderverein an den Forstunternehmer Rolf Wohlgethan, der die abgestorbenen Bäume in mehreren Stunden mit dem Harvester absägte, entastete, ablängte und zum Abtransport stapelte. Danach galt es, die zum Teil noch recht hohen Baumstümpfe zu kürzen und die rund 1460 Quadratmeter große Fläche vom Gehölz zu befreien. Für das technische Equipment, das für diese Arbeiten benötigt wurde, gewann Hubert Klyscz die Firma Horstmann als Partner, die dem Förderverein unter anderem eine Profimotorsäge spendete.
Diese und weitere Werkzeuge überreichte Benjamin Meier den Ehrenamtlichen. Der Horstmann-Betriebsleiter für Soest ließ es sich nicht nehmen, sich vor Ort über das Projekt zu informieren und gleich mitanzupacken. „Ich finde es sehr beeindruckend, was der Förderverein des Wildparks hier alles auf die Beine stellt. Meine Familie und ich besuchen den Wildpark regelmäßig und unsere Kinder freuen sich immer, wenn sie die Ziegen füttern und streicheln können“, erzählt der Soester und ergänzt: „Und meiner Frau und mir tut die gemeinsame Auszeit auch sehr gut.“
In den vergangenen Tagen hat sich auf der Fläche wenig getan, dafür umso mehr im Hintergrund. „Wir sind gerade dabei zu entscheiden, welche Weidenarten wir pflanzen, und ob wir ausschließlich Weiden nehmen oder auch noch Erlen dazusetzen“, verrät Hubert Klyscz. Diese Baumarten „vertragen sich“ sehr gut und beiden macht es nichts aus, auch mal „nasse Füße“ zu bekommen. Ein nicht unwichtiger Aspekt wegen der direkten Nähe zur Fißmecke und den zunehmenden Starkregenereignissen. Die Bepflanzung der Fläche soll im November beginnen.
„Die Fläche wird eine echte Bereicherung für den Naturerlebnisraum“, sagt Ortsvorsteher Johannes Mertens. „Sie sieht schon jetzt, nachdem die vom Borkenkäfer geschädigten Bäume weg sind, besser aus und wenn sie erst einmal fertig ist, wird das Ganze sehr ansehnlich sein.“ Wichtig ist dem Wildpark-Förderverein neben der naturnahen Gestaltung der Fläche und dem Schaffen von neuen Lebensräumen auch die Umweltbildung. „Wir möchten später auch noch eine Schautafel aufstellen, auf der wir die Bedeutung der Kopfweiden darstellen“, so Hubert Klyscz. „Früher wie heute bieten diese unzähligen Tieren Unterschlupf und sind auch ein Lebensraum für viele Pflanzen. Vor vielen Jahren gab es noch wesentlich mehr Kopfweiden, da sie für die Menschen seinerzeit eine wichtige Bedeutung hatten, denn die biegsamen Äste nutzten sie, um damit Körbe und Sitzmöbel zu flechten.“

